Kippt jetzt auch die Wiederholungswahl?
Droht nach dem Wahl-Chaos von 2021 jetzt auch noch ein Chaos um die Wiederholungswahl? Möglicherweise muss der für den 12. Februar angesetzte Termin kurzfristig verschoben werden!
Nach dem Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofes war eigentlich klar: Wegen der vielen Pannen müssen die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) in ganz Berlin wiederholt werden. Der Wahlkampf hat längst begonnen, in der Nacht zum 2. Januar werden erste Wahlplakate aufgehängt.
Doch plötzlich ist der für die Wiederholungswahl angesetzte Termin am 12. Februar nicht mehr sicher. Grund: 43 Kläger wenden sich gegen das Urteil der Verfassungsrichter. Begründung: Es sei ungerecht, in der gesamten Stadt erneut wählen zu lassen, wenn es gar nicht in allen Bezirken große Pannen gegeben habe. Sie haben deshalb Beschwerde gegen das Berliner Urteil beim Bundesverfassungsgericht eingelegt.
Karlsruhe lehnte diese Beschwerde nicht wie erwartet umgehend ab, sondern bat jetzt alle Beteiligten bis zum 10. Januar um eine Stellungnahme. Bedeutet: Eventuell wird vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt, ob die Wahlwiederholung überhaupt rechtens ist!
Zu den 43 Klägern gehören Politiker von SPD, Linke, FDP und Grüne. Von ihnen möchte kaum jemand mit der Presse reden. „Wir wollen das Bundesverfassungsgericht nicht bedrängen“, so einer der Kläger zur Redaktion. Mögliches Szenario: Wenn das Bundesverfassungsgericht die Klage annimmt, könnte es per Eil-Entscheidung eine Verschiebung der Wiederholungswahl anordnen, ehe endgültig über den Fall entschieden wird. „Andernfalls droht, dass die Wahl im Nachhinein für ungültig erklärt wird. Dann wäre das Chaos noch größer.“
Auch Kevin Hönicke (38, SPD), Vize-Bürgermeister in Lichtenberg, hat geklagt. Im Gegensatz zu seinen Mitstreitern spricht er öffentlich über seine Beweggründe: „Da in Lichtenberg die Wahl 2021 gut funktioniert hat, kann ich nicht nachvollziehen, dass die Wahl in allen Bezirken komplett wiederholt werden soll“, so der Politiker zur Redaktion. „Bei den Bundestagswahlen wird ja auch anders verfahren.“
In seinem Bezirk bereitet er trotzdem die Wiederholungswahl vor. „Wenn das Bundesverfassungsgericht unserer Klage folgt, wären die Vorbereitungen unnötig, aber das muss dann das Landesverfassungsgericht begründen“, so Hönicke.
Von CDU und AfD kommt Kritik an der Verfassungsbeschwerde. „Es hat sich eine spannende Verhinderungs-Koalition zusammengefunden, um die Neuwahl zu verhindern“, so CDU-Generalsekretär Stefan Evers (43). „Die Angst vor Mandatsverlusten dürfte aber eine erhebliche Rolle spielen“, mutmaßt AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker (50).