Eine Doku wird bester Film!

Feb 26, 2023

Berlinale-Preise – Goldbär für Frankreich, Petzold wird Zweiter.

Auch im sechsten Anlauf hat es für den deutschen Regisseur Christian Petzold knapp nicht für den Goldenen Bären gereicht.

Sein Meisterwerk „Roter Himmel“ muss sich bei der Preisverleihung der 73. Berlinale mit dem Großen Preis der Jury, also dem zweiten Platz begnügen. Doch Petzold freute sich trotzdem. Und zwar so sehr, „dass ich mein Englisch vergessen habe“, so der Regisseur zu Hollywood-Schauspielerin Kristen Stewart (32) und der internationalen Jury.

Diese kürte die französische Dokumentation „Sur l’Adamant“ über eine Klinik für Menschen mit psychischen Problemen zum Sieger. „Sind Sie verrückt? Das ist zu viel“, so der gerührte Regisseur Nicolas Philibert (72).

Mit dem Drehbuch-Preis für Angela Schanelec („Music“) geht nach Petzold ein zweiter Preis an die Berliner Schule. Die Darstellerpreise gewannen die österreichische Transfrau Thea Ehre (Nebenrolle, „Bis ans Ende der Nacht“) und die erst achtjährige Spanierin Sofia Otero (Hauptrolle „20.000 Especies De Abejas“) für ihre starke Performance als Kind, das als Junge gesehen wird, sich selbst damit aber nicht wohlfühlt.

Die kleine Sofía, die für den Film erstmals vor einer Kamera stand, bedankte sich mit Tränen in den Augen bei ihrer Familie: „Ich habe den besten Vater der Welt. Meine Mutter liebe ich so sehr!“ Die Silberne-Bären-Statue war für die Grundschülerin auf Dauer sichtlich nicht leicht zu halten.

Mit dem Regiepreis für Philippe Garrel („Le Grand Chariot“) und dem Preis der Jury für das portugiesische Generationendrama „Mal Viver“ werden aber auch Filme geehrt, die nach Ansicht der BPA und vieler internationaler Kritiker zu den schlechtesten Wettbewerbsfilmen gehören. Übergangen wurden hingegen Publikumserfolge wie das koreanische Romantik-Drama „Past Lives“ und der Anime-Hit „Suzume“.

Der dieses Jahr übergroße Star-Faktor der Berlinale (Steven Spielberg, Cate Blanchett, Anne Hathaway usw.) beschränkte sich also auf die Reihen außerhalb des Wettbewerbs. Eine zwar warmherzige, aber filmisch nicht über Fernsehqualität hinausgehende Doku als Goldbären-Gewinner sowie andere zweifelhafte Entscheidungen („Mal Viver“ „Le Grand Chariot“) bleiben den Kinomagnet-Faktor schuldig. Es wird abgesehen von „Roter Himmel“ und „20.000 Especies De Abejas“ für die Preisträger schwierig, größere Kinoerfolge zu werden.

Die Preisträger der 73. Berlinale im Überblick

► Goldener Bär für den besten Film: „Sur l’Adamant“ von Nicolas Philibert

► Silberner Bär Großer Preis der Jury: „Roter Himmel“ von Christian Petzold

► Silberner Bär Preis der Jury: „Mal Viver“ von João Canijo

► Silberner Bär für die beste Regie: Philippe Garrel für „Le grand chariot“

► Silberner Bär für die beste schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle: Sofía Otero in „20 000 especies de abejas“

► Silberner Bär für die beste schauspielerische Leistung in einer Nebenrolle: Thea Ehre in „Bis ans Ende der Nacht“

► Silberner Bär für das beste Drehbuch: Angela Schanelec für „Music“

► Silberner Bär für herausragende künstlerische Leistung: Kamerafrau Hélène Louvart für „Disco Boy“

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