Alba setzt Würzburgs Siegesserie ein Ende.
Elegant wars jetzt nicht, aber wer hätte das zwei Tage nach einem anstrengenden Sieg in der Euroleague auch erwartet? Alba Berlin zeigte beim 90:82 gegen die Würzburg Baskets am Sonntag, dass das Team inzwischen auch mit müden Beinen Wege zum Sieg finden kann.
Die Basketballer von Alba Berlin haben die Serie von sieben Siegen nacheinander der Würzburg Baskets beendet und zwar mit 90:82. 8.224 Interessierte sahen sich die Angelegenheit am Sonntag in der Max-Schmeling-Halle an. Alba steht damit auf dem vierten Tabellenplatz der Bundesliga, hat allerdings weniger Spiele als die ersten drei hinter sich. Soweit zum protokollarischen Teil.
Die Erben des heiligen Dirk
Der Rückkehrer Martin Hermannsson, der erst am Samstag aus Valencia an die Spree gereist war, stand nicht im Kader der Berliner aber er saß in der Halle und das war für die anwesenden Fans fast genauso schön. Sie begrüßten ihn mit viel Applaus. Was die Würzburger angeht: Vor genau 25 Jahren machte sich der heilige Dirk aus den fränkischen Gefilden aus auf, die NBA zu erobern. Bekannt ist: Er kam, sah und siegte. Sein ehemaliger Klub aber, damals noch DJK Würzburg, wurde seitdem beachtlich durcheinandergeschüttelt: öfter am finanziellen Abgrund, dann wieder gerettet, dem Abstieg entronnen und inzwischen unter dem Headcoach Sasa Filipovski erstaunlich stabil unterwegs. Sie machen am Main sehr viel aus ihren bescheidenen Möglichkeiten. Gerade suchen sie mal wieder einen neuen Hauptsponsor.
Die Unterfranken reisten recht erfrischt an, Alba dagegen hatte wegen der üblichen Euroleague-Plackerei das achte Spiel innerhalb von 17 Tagen zu bestreiten. Freitagabend noch in Frankreich gewonnen, kurz in die Zauberkugel und nun zuhause gegen ein unangenehmes Team. Besonders für ihre aggressive Defense sind die Würzburger gerühmt, vorne stressen sie am liebsten im Eins gegen Eins.
Vier Flexer und ein Arbeiter
Das versuchten sie tatsächlich gleich, durch einen Dreier wie auf dem Freiplatz, paar geschmeidige Crossover und rein damit. Apropos Freiplatz, Alba hat da auch so jemanden: Sterling Brown, eingekauft, weil er scoren kann und das tut er gerne in allen Lagen, einen wie ihn nennt man „walking bucket“. Brown traf direkt. Er tat das für Berlin am häufigsten, am Ende wurden es 17 Zähler.
Würzburg aber doppelte schnell und aggressiv, besonders den besten Berliner Thiemann nahm man meistens im Duo in die Mangel. Das klappte zu Beginn erstaunlich oft, die Pässe aus der Bedrängnis fingen die Würzburger öfter ab, als das einem Favoriten wie Alba passieren sollte. Die Gäste würden an diesem Nachmittag fast dreimal so oft den Ball klauen, wie ihre Gegner. Ihr Plan war sofort offensichtlich: Alba müde kriegen, so lange die eigenen Kräfte reichen. Vorne sah es nicht sonderlich kompliziert aus: Die Gäste versuchten, die Gelben zu überrennen und direkt draufzuballern – es war Berlins Glück, dass einiges auf dem Ring endete. Zur Verteilung: Die meiste Zeit standen bei Würzburg vier Flexer und ein Arbeiter auf dem Feld. Die Flexer hatten jederzeit grünes Licht. Der Arbeiter musste hinterherräumen. Er hieß Max Ugrai und holte aus Berliner Sicht viel zu viele Rebounds.
So wurde es ein unterhaltsames Spiel mit vielen Fehlern und Gewetze, „Run and Gun“ wann immer es ging. Ein Spiel das wirkte, als hätten die Trainer heute frei. Sieht man nicht mehr so oft. Denn: Zu viele Variablen die man nicht kontrollieren kann. Zu wenig Struktur. Die Neunziger sind vorbei und manchmal ist das schade. Nach dem ersten Viertel stand es 17:17. Es sah irre anstrengend aus.
Mehr Klasse auf den billigen Plätzen
Es waren nicht mal drei Minuten im zweiten Viertel gespielt, da hatte Alba schon zweistellig Ballverluste angesammelt. Würzburg führte mit sieben. Aber Dreier brachten Berlin wieder ran. Und wie es oft so ist: Viel zu rennen kostet Kraft, dieser Spielstil der Würzburger kannte nur Vollgas, aber dafür war ihre Rotation nicht produktiv genug. Bei Würzburg müssen sich die guten Spieler mehr Minuten teilen, mehr Klasse auf den billigen Plätzen gibt das Budget nicht her. Alba hat mehr aufzubieten und mit jeder weiteren Minute sah man das. Blitzschütze Matt Thomas brachte Alba in Führung. Thiemann büffelte sich das erste Mal am Brett durch und traf. Thomas feuerte aus der linken Ecke seinen zweiten Dreier rein. Er zögerte davor kurz, die Hand seines Gegners vor der Visage. Aber er verdient gutes Geld damit, in solchen Momenten nicht zu zaudern. Swish. Zur Pause führte Alba mit 42:37.
Arbeiter Ugrai gab zur Pause bei „Dyn“ zu Protokoll: „So überzeugend finde ich es defensiv eigentlich nicht. Matt Thomas kriegt viele Würfe. Da haben wir eigentlich die ganze Woche dran gearbeitet. Wir müssen die müden Beine der Alba-Spieler die jetzt viel gespielt haben, ausnutzen.“ Aber das gelang nicht.
Er passte, wenn er hätte werfen sollen
Mitte des dritten Durchgangs führte Berlin schon mit neun und es hätten bald mehr sein können. Der Würzburger Trainer Filipovski, ein weitgereister Kenner, erhob in einer Auszeit zwar die Stimme, aber es lag keine Wut darin; eher die Dringlichkeit eines Lehrers, der seinen Schülern Grundsätzliches vermitteln will. Er wirkte, als schwand ihm der Glaube. Seine Spieler begingen jetzt überflüssige Fouls, weil sie immer öfter zu spät kamen. Vorne knallten ihre Versuche von draußen auf den Ring. Ihre Mienen verrieten bereits gegen Ende des dritten Viertels, dass sie aufgegeben hatten.
Besonders dem eigentlich mit Abstand besten Schützen Otis Livingston II sah man an, wie sehr dieses Spiel an ihm nagte – dass er seinem Team nicht ansatzweise das geben konnte, was es heute von ihm gebraucht hätte. Livingston klaute oft den Ball, aber es half ihm nicht. Zu diesem Zeitpunkt hatte er gerade mal drei Punkte gesammelt, normalerweise macht er über 20 pro Spiel, mehr als jeder andere in der Liga. Es war nicht mal so, dass Livingston besonders viele Chancen vergeben hatte. Die Defense der Berliner hatte ihm kaum welche erlaubt. Vorne griffen sie den relativ kleinen Livingston gezielt mit sogenannten Mismatches an – sie nutzten größere Gegenspieler, an denen sich Würzburgs Nummer 0 abarbeiten musste. Sowas nervt. Und so passierte das, was jeder Scorer an schlechten Tagen kennt: Der Zweifel schlich sich wie Gift in Livingstons Spiel. Er passte, wenn er hätte werfen sollen und warf (daneben) wenn er hätte passen sollen. Er wirkte auch sauer, wenn er gefoult wurde. Gabriele Procida (16 Punkte) traf dagegen für Alba vom Parkplatz. Vor dem Schlussakkord stand es 64:51.
„Fang von der Verteidigung aus an“
Was danach geschah: Mittelversehentliche Rempeleien, die zu Fouls führten, noch mehr Fehler aus Müdigkeit, Alba hatte plötzlich grotesk viel Platz an der Dreierlinie und so ging es dahin. Die Würzburg Baskets kämpften, aber Delow und Procida lächelten. „Fang von der Verteidigung aus an und daraus ergibt sich alles andere im Angriff“, nannte Procida später eine uralte Basketball-Weisheit. Bess traf für Würzburg noch ein paar Dreier von links, er wurde deshalb Topscorer, mit 21 Zählern.
Auch Otis Livingston (13 Punkte) ließ den Spielberichtsbogen [easycredit-bbl.de] etwas gnädiger aussehen, aber seine persönliche Statistik war jetzt wurscht. Irgendwann zog er sogar alleine gegen vier. Die Berliner mussten sich vorwerfen lassen, dass sie in den letzten Minuten zu schludrig und in manchen Momenten sogar überheblich mit ihrer Führung umgingen. Doch das finale 90:82 las sich knapper, als die Angelegenheit war.
Redakteur: Dirk Thomas Meerkamp (Chefredakteur)